«Martha und die Ihren»: Das neue Diogenes-Buch von Lukas Hartmann
Der Schlaganfall des Autors hätte fast dieses Buchprojekt zunichte gemacht
Der autobiografische Roman «Martha und die Ihren» dokumentiert einmal mehr die Herkunft von Lukas Hartmann, der zu den grossen zeitgenössischen Schweizer Autoren zählt und eigentlich Hans-Rudolf Lehmann heisst. Im Herbst 2022 hatte er einen Schlaganfall, darauf gab seine Ehefrau, Bundesrätin Simonetta Sommaruga ihr Amt ab, um ihn zu betreuen.
Lange war ungewiss, ob dieser Roman zu Ende geschrieben werden kann, doch der Autor mit Jahrgang 1944 hat sich zum Glück nach Physiotherapien wieder gut erholt. Nun ist das Werk wie schon frühere Bücher von ihm beim Diogenes-Verlag publiziert worden.
Zwei faszinierende Bücher - eine Familiengeschichte! Foto: Kulturonline
Ein bewegender Familienroman über drei Generationen
Zum Buch: «Martha ist eine beeindruckende Frau, die es aus ärmsten Verhältnissen zu bescheidenem Wohlstand gebracht hat. Aber die Erinnerung an die Entbehrungen ihrer Kindheit als »Verdingkind« bei einer Bauernfamilie im Berner Umland lässt sie nie los: Keine Schwäche zeigen. Arbeiten ohne Unterlass. Hart sein zu sich und anderen. Das prägt auch ihre Söhne, die es in der Nachkriegszeit unbedingt zu etwas bringen wollen. Und ihre Enkel, die dagegen rebellieren und es erstmals wagen, sich ein anderes, ein freieres Leben zu erträumen.
Im Geist der 68-Zeit ist «Gebrochenes Eis», die erste Familiengeschichte, erschienen
Hartmann ist seit vielen Jahren als gut recherchierter Buchautor von historischen Werken sowie von lustigen und lehrreichen Kinderbüchern bekannt. Er war Primarlehrer und Radio-Journalist, der sein Handwerk in vielerlei Hinsicht ausgezeichnet versteht.
Die familiären Auseinandersetzungen, speziell mit seinem Vater, haben ihn geprägt. «Gebrochenes Eis» (1980 beim Arche-Verlag) nimmt einen ersten Familien-Bezug. Sich selbst bezeichnet sich der Schriftsteller als feinfühlig, aber der Vater wollte ihn eher als einen harten Mann erziehen. So erklärt sich der Name Hartmann, dies in den 80er Jahren im persönlichen Kontakt im Rahmen des einjährigen Radio-DRS-Projektes «Wie weiter? Psychisch Kranke auf dem Weg zurück in die Gesellschaft» erfahren.
Ein Dokument zur Mentalitäts- und Sozialgeschichte der Schweiz
Um die Familien-Geschichte deutlich und fair darzustellen, hier hat Hartmann keinen Aufwand gescheut. Zwei Drittel der Ereignisse hat er in glücklicher Art und Weise schon vor dem Schlaganfall geschrieben. Dank der verhältnismässig schnellen Erholung konnte er den Roman fertigschreiben.
Mit dem Vater konnte er sich übrigens später versöhnen, heute hätte er weitere kritische Fragen an ihn. Mit dem Roman «Martha und die Ihren» möchte Hartmann mehr zum Verständnis zu den Vorfahren beitragen, die selber eine harte Zeit mit zwei Weltkriegen und diversen Krisen erlebten und nicht so frei erzogen wurden. Dies wird unter anderem deutlich, wenn es um die Sexualität ging. Grundsätzlich, man hatte andere Sorgen als heute. Im Endeffekt ist dieses Buch ein eindrückliches Dokument im Verständnis zur Mentalitäts- und Sozialgeschichte der Schweiz im 20. Jahrhundert.
Link
Diogenes Verlag
Homepage von Lukas Hartmann